Samstag, 25. September 2010

Die vierte Woche… Von Bademli über Foça nach Çeşme

Früh morgens nach dem Frühstück starten wir, um nach Foça zu kommen. Foça hiess früher zur Zeit der Römer "Phoekia" und bedeutet Fog Balığı (Seelöwe), deshalb ist das Wahrzeichen dieses Ortes auch ein Seelöwe. Foça ist ein beliebter Ferienort nicht weit von Izmir. Ich freue mich darauf, denn diesen Ort habe ich gut in Erinnerung.

Unterwegs erwartet uns eine ruhige Fahrt, die aber bei Beginn etwas Aufregung verursacht, denn in unserer Bucht in Bademli ist das Meer nicht sehr tief und unser Boot liegt auf. (Sand)  Hasan will uns zwei Dicke ins Meer springen lassen, damit das Boot weiterfaehrt. Nicht nötig: Lale und ich hopsen vorne und lachen uns dabei kaputt. Sehr klug! Durch die Gewichtsverlagerung nach vorne und unser Hopsen faehrt das Boot auf einmal weiter.
Unterwegs sehen wir wieder den üblichen Anblick des blauen Meeres und der bewachsenen Hügel an Land. Nach etwa 4-5 Stunden kommen wir im Hafen von Foça an. An Land hilft man uns beim Anlegen.
Wir liegen am Hafen direkt unterhalb der alten Burg. Dieser kleine Fischerort hat Charisma. Er wirkt sehr mediteran. Und überhaupt seit Ayvalık spürt man eine starke Veraederung. Plötzlich sieht man überall Palmen.
Und die Menschen sitzen nicht mehr in den Haeusern sondern meistens davor: man sitzt vor seiner Haustür und man quatscht mit Nachbarn oder man sitzt vor seinem Laden und muss auch gar nicht so viel verkaufen oder man sitzt im Dorfcafe. Die Leute scheinen unendlich viel Zeit zu haben und kennen so was wie eine “Rushhour” oder Stress nicht. Es ist ein völlig anderes Strassenbild. Waehrend wir in Istanbul wegen des schleichenden Islams tagtaeglich mehr und mehr bekopftuchte oder verschleierte Frauen sehen, ist hier im aegaeiischen Raum alles viel moderner und die Islamisierung hat es hier schwerer, sich breit zu machen. 
Es ist früher Nachmittag, als wir in Foça sind und Hasan, Lea und ich laufen sofort in den Ort. Es ist ein Fischerort, der seinen ursprünglichen Charakter nicht verloren hat. Wir sind begeistert. Es ist an diesen Wochenende ein Sommerfest: Spektakel. Wir gehen spazieren und überlegen, wo und was wir heute zu Abend essen. Wieder kaufen wir Fisch, Salat und Wein und Heidi kocht. Auch Basi kommt auf seine Kosten. Auch er isst Fisch und haut sich danach in unserer Koje aufs Ohr. Lale hat köstlichen Weisswein gekauft und so sitzen auf unsrem Boot, gucken auf die beleuchtete Burg und speisen gemeinsam. Eigentlich sollten wir ja mal wieder Fleisch essen, aber der Fisch ist so frisch, da können wir uns gar nicht anders entscheiden.
Aber am naechsten Tag da gibt es dann beim Köfteci Köfte im Köfte Evi. Köfte sind Gehacktesbaellchen. Der Köfteci macht sie und das Köfte Evi ist das Restaurant, wo man sie isst.
Der Morgen beginnt für mich mit einer Runde schwimmen an der Burg. Das Wasser ist kristallklar. Danach dusche ich mit einem Wasserschlauch und wasche damit auch meine Haare, denn ich finde keine Dusche in der Naehe. Erfrischt style ich mich mal und freue mich auf einen Spaziergang im Ort. Es ist Montag und der Tag der Erledigungen: Banküberweisungen, Einkauf, Diesel fürs Boot kaufen, Telefonieren mit Mama, Internetcafebesuch….
Am frühen Abend geht Lale nach den Köftes aufs Boot und Hasan und ich haben einen romantischen Abend in einer Kneipe, wo wir kühles Bier trinken und auch ins Internet kommen, sodass wir zusammen Fotos angucken und Mails schreiben können. Hasan schreibt auch einen türkischen Reisebericht, der wurde schon fast 1500 mal angeklickt. Also bleibt mir schön teu beim Lesen…wie kann ich sonst mithalten???

Lale hat auf dem Boot Wein gepichelt und ist gut drauf, als wir zurückkommen. Wir entscheiden, am naechsten Morgen schon um 6 Uhr weiterzufahren, um einem Sturm auszuweichen. Da es um 6 Uhr noch dunkel ist, fahren wir um 7.30 Uhr los .
Aber oh weia!!!!

Unterwegs haben wir einen Surm vom feinsten. Das ist sogar Hasan zu viel. Etwa Windstaerke 5-6 und Wellen in Höhe von über 3 Metern. Doch die alte Phoenix aus Holland macht gut mit und schneidet die Wellen. Mit einem Boot aus Fiberglas waeren wir geflogen oder abgesoffen. Wir segeln mit einem Segel (Genua) und Hasan hat arg zu tun, um mit dem Wellen klar zu kommen, d.h. richtig gegen den Wind zu steuern und das Segel richtig zu stellen. Der Wind ist so stark, dass alles durcheianderfliegt. Von Tassen bis zur Bettwaesche.. nix ist mehr an seinem Platz. Ich fluche und jammere Hasan die Ohren voll. Der arme  Hasan, er kaempft gegen die Flut und muss mein Gejaule anhören!… 
Nur Kater Basi laesst das alles cool. Ich singe: oh Basi, oh Basi, oh Basi Basi cool, oh Basi cool…Meine Laune wird langsam besser.
Nach etwa 2 Stunden Schiss und Bange gewöhne ich mich an den Wellengang und bin stolz, dass wir mit dem Boot so schnell weitergekommen sind. Wir sind richtige echte Segler. Wouw!!! Und ich bin ein richtiger Mat geworden!

Wir segeln mit  kraeftigem  Rückenwind (Poyraz) etwa 8 Stunden, legen eine, als gefaehrlich bezeichnete, Strecke zurück und sehen jetzt ganz in unsrer Naehe die Sakızada, die griechische Insel Chios. Türkische und griechische Gewaesser liegen hier  beisammen, die zwei Laender trennen nur wenige Seemailen. Sogar etwas früher als erwartet kommen wir in Çeşme an. Hier erwartet uns ein ganz neu angelegter Hafen, der ganz modern ist und der uns besten Servis bietet. Beim Anlegen hilft geschultes Personal. Wir sind ganz beeindruckt und fühlen uns wie im 5-Sterne-Hotel. Das Boot wird nach dieser Sturmflutfahrt von uns allen wieder gerichtet und in Ordnung gebracht, danach stürmen wir alle in die modernen guten Duschen. Das alte Bootszeug (Shorts und T-shirts) wird abgelegt und wir ziehen was Sauberes an. Rausgeputzt  und aufgemöppelt gehen wir dann gemeinsam in die City von Çeşme. Wir essen irgendwo Hausmannskost und ich esse als Nachtisch wieder 2 Portionen Eis mit Rezina. (Die beiden anderen achten auf ihre Figur)
Der Ort Çeşme gefaellt uns nicht so gut, bis auf die Burg und ein Restaurant bei einer alten römischen Kirche. Der Grund ist, dass wirklich alles auf den Tourismus ausgerichtet ist und man überall chinesischen Nippes verkauft. Man will (wie leider fast immer so) möglichst viel verkaufen und es spielt gar keine Rolle, was man verkauft. Es gibt hier im Gegensatz zu den anderen von uns besuchten Orten auch im Frühherbst noch viele Touristen und die kaufen den Nippes auch.
Im Gegensatz zu den anderen Orten hat Çeşme nichts mehr von seinem urtümlichen Flair. Es windet hier immer, so wie in Holland.
Aber unsere Marina ist vom feinsten. Zwar ist es eine Welt, die man schnell und neu aufgebaut hat, aber die moderne Dekoration und der Stil gefallen uns. Es gibt kleine Gebaeude aus weissem Gestein, in denen viele kleine Boutiquen und Restaurants untergebracht sind, die man wirklich toll eingerichtet und dekoriert hat. 
Überall gibt es Kerzenlicht und gute Musik. Das Ganze liegt rund um den Hafen und auf den Grünflaechen stehen Olivenbaeume jede Menge Hibiskus in jeder Farbe. Die Vegetation ist hier echt was fürs Auge. 
Wir meinen, dass man nach so einem harten Segelturn auf dem Meer erst einen Hafen richtig geniessen kann. So entschliessen wir, hier auch ganze 5 Naechte zu bleiben, denn am Wochenende gibt es in der Marina ein Weinfest.

Am zweiten Tag in Çeşme machen wir einen Ausflug nach Alaçatı. Das ist ein bekannter Ort in der Naehe. Dort gehen wir spazieren und sehen uns die alten Steinhaeuser an, die man ganz fein dekoriert hat. Es gibt 'ne Menge Cafes, Restaurants, kleine Laeden.

Hier ist alles sehr geschmackvoll und auch in seinem Ursprung erhalten. Auch hier sieht man Einheimische, die vor ihren Hausern sitzen, manche sprechen sogar griechisch, denn sie sind griechischer Abstammung. Wieder so ein Ort, wie er in Griechenland oder auch in anderen meditaeranen Laendern zu finden ist. Wir essen diesmal Kumru (sieht aus wie ein Vogel) und ist ein gefülltes Brötchen.
Den naechsten Abend verbringen wir im Ort und sitzen in dem schönen Lokal an der alten Kiche.
Freitag abend ist das Weinfest. Hasan und ich gehen hin, Lale möchte lieber in Ruhe auf dem Boot sitzen und da ihren Wein trinken. Wir zwei sind begeistert: die Stimmung ist super, ein kleines Orchester spielt klassische Musik. Lichter funkeln überall und es gibt etwa insgesamt 15 Weinstaende verschiedener Weinproduzenten. Man bekommt von jeder gewünschten Sorte ein viertelvolles Glas und kommt mit verschiedenen Leuten ins Gespraech. Da Hasan und ich von einem Stand zum anderen tingeln und so viele verschiedene Weine empfohlen bekommen und probieren, sind wir am Ende sturzbesoffen und torkeln zum Boot zurück. Das war nicht beabsichtigt, aber es handelte sich wirklich un hochwertige Weine, die zu gut schmeckten. Ich bekomme einen Lachkrampf nach dem anderen.
Zum Glück empfaengt uns Lale geduldig und lacht mit uns mit. Betrunken war ich seit Jahren nicht mehr. Lale freut sich und sagt, dass es gut für mich sei. Wie ich in der Koje noch das Bett gerichtet habe, weiss ich nicht mehr.
Eigentlich wollen wir am naechsten Morgen weiterreisen, doch der trinkfeste Kaept’n hat den Wein nicht so gut vertragen wie ich. Hasan möchte sich ausruhen, so bleiben wir auch noch am Samstag unsere 5. Nacht hier. Wir lesen uns aus den Reisebüchern und aus dem Internet vor, essen an Bord heute mal Fleisch und machen notwendige Besorgungen für unsere Weiterreise in die 5. Woche.    


2 Kommentare:

  1. hi heidrun,
    schön, auf diese weise von dir gehört zu habe.
    Habe mich sehr über den bericht und die bilder gefreut. Hoffe bald mehr zu hören
    Angenehme reise und liebe grüße von helmut

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  2. Hallo Heidrun, hallo Hassan,

    was für eine wunderbare Reise - und so toll beschrieben und bebildert! Ich hatte den Eindruck, fast dabei zu sein. Leider nur fast.

    Liebe Grüße aus Berlin
    Uwe

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