Dienstag, 14. September 2010

Die zweite Woche… Von Bozcaada bis Sivrice

Wir haben inzwischen das Maramameer und die Dardanellen hinter uns gelassen und befinden uns schon eine Weile im aegaeischen Meer. Nach dem Marmarameer in der Meerenge durch die Dardanellen fuhren viele Geisterschiffe (Riesenfrachter) 'rum und trotzdem haben Lale und ich dort das Boot allein (der Kaept’n  schlief) gesteuert. Über Google kann man sehen, woher wir gekommen sind.
Hier in der Aegaeis hat man oft sog. Rückenwind in den Süden. Das aegaeische Meer ist optimal zum Segeln. Man trifft unterwegs viele interessante (Segler) Weltenbummler aus aller Welt, z.B. ein deutsches Paar (zwei Maenner), die schon seit 6 Jahren auf einem Boot leben, einen aelteren Amerikaner mit Beinprotese, der aber dem Leben noch viel abringt, junge Norweger, die 2 Jahre hart gearbeitet und gespart haben, damit sie sich eine lange Segeltour von Norwegen in die Südtürkei leisten können usw.
Frau  Saubermanns (Heidis) Ordnungstrieb ist verwirrt!!!
Auf so einem Boot ist alles hinter-über- auf- unter etwas verstaut. Hasan sucht etwa alle 5 Minuten etwas, was ihm gerade in den Sinn kommt und dabei wirft er die von mir so liebevoll kreierte Ordnung völlig durcheinander.
Und dann beim Segeln… oh Gott! Bei hohem Wellengang fliegt da alles durcheinander. Zum Glück hat man so eine kleine Flaeche schnell wieder von neuem geordnet.
Hasan kneift mir jeden Tag ein paar mal mit 3 Fingern sanft in die Wangen. Ich glaube ihm gefaellt mein neues Outfit: eine Frisur habe ich schon lange nicht mehr und ich bin von der Sonne ganz rot gebrannt, d.h. ich sehe aus wie eine sonnengereifte dicke Feldtomate.

Auf Bozcaada findet man in den kleinen Gassen gute Restaurants.
Nachdem wir auf der Insel Bozcaada zuerst im Hafen direkt unterhalb der Festung im Hafen waren, lagen wir in der Nacht danach in einer Bucht hinter der Insel. 
Hier konnten wir ausgiebig schwimmen. Oberhalb der Bucht weideten Ziegen.
In der Nacht waren wir vom Sternenhimmel ganz begeistert. Bis spaet in die Nacht unterhielten wir uns und hatten dann eine entspannenden Schlaf.
Wenn man auf dem Meer liegt, muss man sich bescheiden mit den Dingen an Board begnügen.
Wir hatten kiloweise dicke süsse Trauben von Bozcaada an Bord, denn diese Insel ist bekannt für ihren Weinanbau. Überall wurden die jetzt reifen Trauben in allen Farben angeboten. Köstlich! Das war unser Proviant für die naechsten Tage. Kaese, Trauben und Wein.
Am naechsten Morgen freute sich Hasan auf das Segeln, so brachen wir früh auf.  Leider konnten wir in Poseidon (ein griechischer Internet-Wetterbericht) den Wetterbericht nicht verfolgen, denn in der Bucht funktionierte das Internet nicht. Aber Hasan meinte zum Segeln muss man kraeftigen Wind haben. Der war dann aber kraeftiger als erwartet: Windstaerke 5-6  und Wellen in Höhe von 2 Metern. Hasan und Lale konnten dabei cool bleiben, ich nicht. Aber nach dieser 4-5 stündigen Segeltour, die ich wieder meines Erwartens überlebt habe, bin ich wohl wieder etwas seetauglicher geworden. Im Film hatte ich schon mal sowas gesehen, aber das ich, Schissbüddel Heidi Çetin, so was mal erleben würde, haette ich nie gedacht. Ich bin fast ein bisschen stolz.
Nach diesem etwas lebhaften (fast gefaehrlichen) Segelturn landeten wir in Assos. Assos ist ein kleiner Ort, in dem es nur einige Steingebaeude  gibt, die fast alle als Hotel bzw. Restaurants genutzt werden. Der Hafen von Assos liegt direkt vor diesen Restaurants. Beim Anlegen half uns das Personal und sie waren auch sonst sehr nett und gastfreundlich. Wir beschlossen unser Abendessen bei ihnen und nicht an Bord zu haben. Es war ein romantisches Abendessen direkt vor unserem Boot am Hafen.


Spaet kam noch Kemal vorbei, ein Freund von Hasan aus Hasans Bankerzeiten. Er hat eine Sommerresidenz ein paar Kilometer entfernt. Kemal inzistierte und wir mussten ihm versprechen, in den folgenden Tagen auch bei ihm im Hafen anzulegen.
Assos liegt direkt gegenüber von der griechischen Insel Lespos (Midilli), oberhalb des Hafens ist ein Dorf und dort sind die Ruinen von Akropolis und dem Tempel der Athena.
Am zweiten Tag in Assos schwammen wir ausgiebig im Meer, faulenzten auf denLiegen und im sanften lauwarmen Wind und dann spielten sie im Hintergrund Musik aus meinen Tenniezeiten: “I got you Babe” (Sony &Cher), “Wish you were here” (Pink Floyd) und so was.  Und dann… “The young ones”…  - wie gemein musste mich da jemand daran erinnern, dass ich bald 60 bin???
Scheisse…
Am frühen Abend liessen wir uns zum Tempel der Göttin Athena fahren. Auf dem Weg dorthin verkaufen die Dorfbewohner alles mögliche: handgewebte Stoffe, Handarbeiten, Seifen, Oliven, Kraeuter und Kingelfitz. In einem Kunstgewerbeladen kaufte Lale sich schönen Schmuck und für mich einen wunderschönen Ring, er erinnert an die Wellen auf dem Meer.
Abends setzten wir uns zum Sonnenuntergang auf eine Terasse, von der man auf das Tal und das Meer sah. Es gab dort hausgemachtes Essen: u.a. Börek (Blaetterteig mit Kaese) und köstliche, mit Reis gefüllte Zuchiniblüten. Die Besitzer des kleinen Lokals, ein Familienbetrieb, waren total freundlich und es war lecker und preiswert.  
Nach gutem Frühstück und Baden im kristallklaren Meer machen wir uns auf den Weg zu Hasans Freund Kemal, der ein paar Seemeilen entfernt auf uns wartet.
 3 Tage bei Kemal in Sivrice…

Wir steuern auf den Hafen des kleinen Fischerdorfes  zu, wo wir mit Kemal verabredet sind. Das ist ein kleiner natürlicher, unberührter Ort, wo die Welt noch in Ordnung ist, aber wo man auch noch nicht so viel gesehen hat. Dort erwarten uns voll Neugier eine ganze Gruppe von Fischern  und Kemal mit seinem Freund. Kemal hatte ihnen schon vorher Bescheid gesagt. Alle rufen schon von weitem "Willkommen" und helfen uns beim Anlegen zwischen anderen Fischerbooten, was nicht so einfach ist, denn der Hafen ist klein und nicht so tief. Wir sehen freundliche braungebrannte Gesichter, die immer wieder “Willkommen” rufen!  Aus dem Boot an Land zu kommen ist oft kompliziert. Man muss da die Knochen noch heil beisammen haben! Aber beim Springen oder Klettern helfen immer wieder gute Geister (hier diesmal kleine Fischerjungen).
Kemal wünscht und insistiert, dass wir das Boot im Hafen lassen und bei ihm übernachten.
Also gut; wir fahren mit seinem Gelaendewagen zu ihm. Was uns da erwartet, haut uns um. Kemal hat sich, nachdem er nun im Ruhestand ist und frei arbeitet, hier eine interessante Welt geschaffen. Was die Menschen in ihrem Leben so alles machen???!!!  Kemal hat früher eine gute Karriere bei einer Bank gemacht, war in seiner Jugend Rennradfahrer und hat in den letzten Jahren Hobbies wie Motorsport und Camping gehabt. Irgendwann hat er sich dann in diesen Fischerort verliebt und hier Land gekauft. Er hat nichts gebaut, sondern angebaut, das Land natürlich erhalten und ein kleines Paradies daraus gemacht. Es gibt genügend Möglichkeiten zu übernachten. Wir waehlen einen Wohnwagen, stellen unser weniges Gepaeck ab und werden zum Essen gerufen. Kemal serviert uns einen wunderbaren Wein  und wir stossen auf unser Wiedersehen nach vielen Jahren an. (Wir kennen uns seit 1984) 
Efe Vadisi…
So nennt Kemal sein kleines Paradies. (Efe ist sein Nachname und Vadisi bedeutet Tal). Kemals Leidenschaft sind Fahrraeder, Motorraeder und VW-Kaefer. Er hat davon hier eine Kollektion. Die VW Kaefer nennt man hier Kablumba, das bedeutet Schildkröte. Und so lebt im Efe Vadisi natürlich auch eine Schildkrötenfamilie.
Die Vegetation beeindruckt mich. Ich werde zum Fan von Olivenbaeumen. Im Gelaende befinden sich unzaehlige davon, sie tragen dicke grüne Oliven. Ebenso gibt es viele riesige Feigenbaeume und das, was man hier so gepflanzt hat, von Blumen bis Kürbissen, von Auberginen bis Tomaten… Und überall hat Kemal feine Ruhestellen geschaffen, wo man alles vergessen könnte. Ich lege mich in eine der Haengematten. Über mir haengen die Zweige der Olivenbaume und ich schaue auf den strahlendblauen Himmel, ab und zu höre ich ein “Maeh” der Ziegen oder das Kraehen von Kemals Gockel…  absoluter Frieden… Ich schlafe ein…

Hier im Fischerort gibt es nichts mehr als frischen Fisch und so bereiten Kemal und seine Frau Kezban für uns ein wunderbares Essen mit Fisch und Gemüse aus dem Garten, z.B. auch aus Okraschoten. Wir sind überwaeltigt von Kemals und Kezbans Gastfreundschaft. Den Abend verbringen wir gemeinsam am Meer, trinken Raki und unterhalten uns.



Natürlich laesst es sich hier im Naturparadies auch gut schlafen. Nach dem Aufwachen und dem Duschen hat Kemal wieder 'ne Überraschung für uns: Wir frühstücken auf einem Felsen, der höchsten Stelle im Ort, von der man auf das Dorf und die Bucht schauen kann. Das Frühstück serviert wieder ein Familienbetrieb: Vater, Mutter, Sohn und Tochter servieren uns Tee und nur selbstgemachte Produkte: Brot, Rosenmarmelade, Butter, Ziegenkaese und Naturprodukte wie Ziegenmilch, Eier von Haruns Hühnern und Oliven.
Unser Frühstück dauert Stunden...

Midilli (Lespos) ist ganz nah, direkt gegenüber von uns. Nach dem Frühstück fahren wir auf den Berg, dort ist der obere Bereich von Kemals Efe Vadisi. Wir sitzen oben, schauen auf das Tal und staunen: Hier haben vor etwa 1000 Jahren Menschen in einer Steinhöhle gewohnt, die nun manchmal von Kemal bewohnt wird. Man kann darin übernachten. Die Höhle gehört zu Kemals Gelaende. Bei dieser Höhle kocht Kezban uns Tee und Kaffee.
Nicht weit ist ein alter etwa 1000 Jahre alter Brunnen, wo die Leute damals Waesche gewaschen haben. Von hier oben ist der Blick auf das Tal ist wunderbar…
Abends fahren wir in den Nachbarort und sitzen direkt am Meer. Diesmal gibt es einen Fischspiess von Schwertfisch, Salat und natürlich wieder Raki.
Auch noch am naechsten Tag geniessen wir Kemals und Kezbans Gastfreundschaft noch einmal, weil sie es sich sehr wünschen. Wir schwimmen, haengen in der Haengematte, wieder Fisch, wieder ein herrliches Frühstück… Weil Bayram ist gibt es auch ein Tatlı (Süsses), was die Nachbarn zum Bayram gebracht haben.
Wir bedanken uns bei unseren lieben Gastgebern. Kemal sagt dann immer wieder, dass er Hasan in seinem Leben so viel zu verdanken habe und dass er von ihm so viel gelernt habe. Er war in Bankerzeiten mal Hasans Assistent  und nennt ihn heute auch noch “Üstat” (Meister).  Kemal ist hyperaktiv und total lustig. Kezban ist cool, sie könnte eine Miss “Türkmen” sein, denn sie erinnert an eine türkmenische Schönheit.
Wir verabschieden uns von den Fischern und Kemal mit unsrem (antiken) Nebelhorn an Board.

Mit je einem Kilo mehr fahren wir weiter…nach Küçükkuyu in die Bucht von Edremit…
Unsere Weiterfahrt dorthin wir für uns alle zu einem Greul: hoher Wellengang (3 Meter), Katze und Hund kotzen… alles wird pitschnass. İiiiiiihhhh…
İch hab so richtig die Schnauze voll!!! Scheissboot, Scheisshasan…
Aber nachdem wir angelegt haben, nachdem ich das Boot wieder in Ordnung gebracht habe, gehen wir abends im Ort spazieren (hier gibt es Oliven und was man aus Oliven herstellt), kaufen ein und verbringen den Abend an Bord. Heidis Küche bleibt heute kalt. Es gibt für alle nur ein Ayvalık Toast (ist berühmt und lecker) und kaltes Bier, was uns schnell müde macht, sodass wir schnell schlafen.
Unsere Bootnachbarn sind Deutsche aus Bochum bzw. Karlruhe.

Am naechsten Tag besuchen wir das Seifenmuseum vor Ort. Man produziert hier schon seit über 100 Jahren Oliverölseife und Oliveröl.




Lale und Hasan setzen sich in einen der Teegaerten am Hafen. Hasan beschaeftigt sich dort mit seinen e-mails und Forex, waehrend ich mir die bei einer Friseuse die Haare faerben lassen (rot-wie mein Gesicht, so bin ich Ton in Ton!) Abends gibt es wieder Fisch, denn Kemal hatte uns auch noch gefrorenen Fisch mit auf den Weg gegeben. Wir haben einen schönen gemütlichen Abend an Bord, trinken heute mal Weisswein!
Der naechste Morgen beginnt mit einen guten Frühstück im Çaybahçesi (Teegarten). Dazu kaufe ich in einer Baeckerei, die hier früh morgens öffnet, frisches Brot, Kaese und Gebaeck, dass richtig duftet. Gut ausgeruht geht es dann weiter nch Ayvalık.

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