Samstag, 27. November 2010

Von der Insel Kos zur Insel Nissiros

Die Fahrt zur Insel Nissiros verlaeuft wunderbar. Da es schon spaeter Nachmittag bsw. früher Abend ist, liefern uns das Meer und der Himmel ein Panorama vom feinsten: vom Silbermeer über ein Kunterbunt zum mystischen Abendrot. Wir fühlen uns waehrend der Tour pudelwohl. Unser Boot Phoenix gleitet brav über das Wasser und unterwegs essen wir sogar deutschen Kaesekuchen (ein Geschenk von Buket zum Opferfest) und trinken dazu Tschibokaffee (in Istanbul gibt es auch Tschibo!) aus der Thermoskanne.

Als wir auf uns der Insel Nissiros naehern, liegen auf unserer Routeunein paar kleinere unbewohnte Inseln. Da es schon daemmert und sie nicht beleuchtet sind, erzeugen sie so schwarz, wie sie vor uns erscheinen, einen gespenstischen Respekt.
Es ist schon dunkel, als wir die Insel Nissiros erreichen. Wir haben es ein wenig schwer, die Hafeneinfahrt zu erkennen. Aber Kaept’n Hasan - WOUW! -bringt auch hier cool das Boot sicher in den Hafen und wir lassen den Anker ins Wasser.
Beim Anlegen hilft unser Bootsnachbar aus Bayern. Ein unangenehmer Besserwisser: “Anker no good, nein good!” schreit er, weil er der Meinung ist, die Ankerkette müsse 50 Meter lang sein. So’n Quatsch, der Hafen hat nur eine Tiefe von 2-3 Metern. Unser Anker krallt sich fest, auch wenn wir die Ankerkette nur etwa 12-15 Meter herausgelassen haben. In der etwas windigen Nacht darauf schaukelt auch das Boot des Bayern hin und her.
Der Ort Pali, wo wir angelegt haben, scheint ein sehr kleiner Ort zu sein, der nur wenige Einwohner hat. Direkt gegenüber des Hafens sind ein paar kleine Kneipen, in denen sich die Einheimischen niedergelassen haben. Bis spaet in die Nacht hören wir sie lachen und schnattern. Ab und zu hört man die Glocke der kleinen orthodoxen Kirche des Ortes. Die Glocke wird wohl noch von Hand bewegt, denn die Glockenschlaege sind sehr unregelmaessig und auch nicht so pünktich jeweils zu Beginn jeder Stunde. 
Die Vulkaninsel Nissiros hat einen noch aktiven Krater. Es riecht ein wenig nach Schwefel. Als ich am naechsten Morgen durch ein heftigstes Glockengebimmel geweckt werde, versuche ich noch im Halbschlaf zu verstehen, was wohl passiert sein möge. Oh weh – vielleicht ist der Vulkan ausgebrochen! Ich stehe auf und schaue mich um. In der Kneipe gegenüber versammeln sich immer mehr und mehr Leute und sprechen wild durcheinander. Hochwürden (sieht aus wie Don Camillo) geht an unserem Boot vorbei hin zu den Bürgern.
Nach einer Weile sitzen alle Leute beisammen und frühstücken dort. Wie wir spaeter erfahren sind in der vergangenen Nacht gleich zwei von den nur etwa 900 Bewohnern der Insel verstorben.
Wir schauen uns um, ob wir wohl was einkaufen können. Der Ort ist klein und es ist ausserhalb der Saison, d.h. die Möglichkeiten, etwas zu kaufen sind arg beschraenkt. Man hat auch schon das Wasser und den Strom für die Boote abgedreht und ein Auto können wir auch nicht mieten, denn die stehen im Winter 6 Monate in der Garage, damit man keine Versicherung dafür bezahlen muss. Also nix, yok… Oh, da entdecke ich ein Stück Pappe, auf dem Bakery steht. Wir gehen dem Pappschild nach, vorbei an einem wunderbaren Sandstand zu einer kleinen Bude, in der ein aelterer Herr und eine schwarz bekleidete Dame sitzen (aeltere Frauen tragen schwarz – wie in alten Spielfilmem mit Sophia Loren).
Der Mann hat in der hinteren kleinen Backstube tatsaechlich gebacken und es duftet nach frischem Brot. Sonst gibt es nur ein paar Eier, Kaese und Milch zu kaufen. Der Baecker lobt mit Gesten sein Brot und sein Gebaeck und straht uns an. Wir kaufen davon und haben ein wunderbares Frühstück. Es ist sonnig und wir planen, die anderen Ortschaften der Insel und vor allem den Krater zu besichtigen. Da es keinen Mietwagen gibt, nehmen wir wohl halt ein Motorrad. Oh ja – denn ich bin noch nie mit Hasan auf dem Motorrad gefahren, das fehlt mir noch! Da aber alle Bewohner plötzlich von der Kneipe aus an uns vorbei in die Kirche stürmen, kommen wir weder zu einem Motorrad (was man hier sonst mieten kann) noch zu einer spannenden Motorradfahrt.
Wir beginnen zu wandern, vobei an einem Friedhof. Hier werden also die beiden armen Seelen ruhen, die in der Nacht zuvor verstorben sind. Es ist ein sehr schöner Friedhof mit Blick auf das Meer. Und ich glaube, dass man die Graeber hier auch nie wieder aufbuddelt. Also ewige Ruhe!
Unterwegs sehen wir, dass der Weg zum Krater erst einmal nach oben führt und ein krummes Schild verraet, dass er 11 Kilometer lang ist. Gottvertrauend marschieren wir weiter und 2, 3 Minuten spaeter kommt ein Auto vorbei (und das ist hier selten). Ich halte es an. Damyanos heisst der junge hübsche Mann, der uns in sein Dorf Emborio mitnimmt.















Wie es von da weitergeht, wissen wir noch nicht. Es ist ein kleines Dorf mit nur 21 Bewohnern. Es wird mit einem Fon der EU renoviert. Auch hier gibt es viele Spuren der einstigen Besiedler.
 
Wir wandern bergab und dann durch ein Tal. Das Tal ist umgeben von hohen zackigen Bergen, wir wandern also durch den alten erloschenen Vulkan bis zum Krater, was etwa 45 Minuten dauert.
Unterwegs werden wir von mehreren Bergziegen begafft und verfolgt. Die leben hier wild und es gibt etwa 4000 davon, d.h. es leben hier auf dieser Insel weit mehr Ziegen als Menschen.
Das Land um uns herum ist sehr fruchtbar, doch Anbau gibt es wenig, denn die meisten Menschen haben die Insel verlassen. Viele davon leben in Amerika.
Der Krater wirkt etwas furchterregend, es kommen noch heisse Daempfe aus der Erde und er brodelt an einigen Stellen. Hier ist der Schwefelgeruch sehr intensiv.
So habe ich nun auch mal einen Krater gesehen!
Um uns ist nur verlassene Gegend und eine Menschenleere. Doch tatsaechlich erscheint - Gott sei Dank - und wie versprochen unser netter Damyanos. Er faehrt uns in den naechsten Ort. Es ist ein Weg, der über die Berge führt und eine Entfernung, die wir unmöglich zu Fuss haetten schaffen können. Hier verabschieden wir uns von Damyanos. Gott behüte diese nette Menschenkind! Ich verstehe, dass hier alle Leute sehr religiös sind, sogar die Laster sind mit der heiligen Mutter Gottes geschmückt.
Auch der Ort Nikia ist sehr schön. Die Haeuser und Gassen sind weiss gekaelkt und die Türen und Fenster meistens mit leuchtendem Mittelmeerblau gestrichen. So intensiv blau ist auch das Meer um uns herum.
Es gibt sehr enge Gassen und einen sehr schönen runden Platz in der Mitte des Ortes; das ist die alte Agora, umgeben von einer in das Gestein gemeisselten Sitzbank. Hier ist eine kleine Taverne mit kleinen runden Tischen und ein paar Stühlen. Da der Gastwirt in dieser Jahreszeit kaum Gaeste erwartet, schlaeft er in der Mittgssonne auf einem der Stühle. Er muss seinen Schlaf für uns unterbrechen, denn wir bestellen uns Rezina (geharzter Wein), dazu Wurst, Kaese, Oliven und Brot.
Danach wandern wir zurück, geniessen den wunderbaren Blick und hoffen, dass mal ein Auto vorbeifaehren wird. Doch dasdauert diesmal etwas laenger, denn ein Auto kommt sehr selten. Als wir langsam müde sind, kommt endlich mal ein Auto vorbei. Ein anderer junger Mann nimmt uns mit nach Mandraki, einem weiteren Ort auf dieser Insel.
Die meisten Einwohner der Insel wohnen in Mandraki, einem Ort, der hauptsaechlich vom Tourismus lebt. Hier ist im Herbst tote Hose. Es gibt in Mandraki zahlreiche Kneipen, Restaurants etc., die jetzt aber ausserhalb der Saison zu 90% geschlossen sind. Oberhalb der Felsenwand sehen wir das Kloster von Mandraki. Mandraki ist ebenfalls ein hübscher kleiner Ort, den wir nach ca. 2 Stunden wieder verlassen, um zurück nach Pali zu unserem Boot zu kommen. Diesmal nimmt uns ein kleiner Tanker mit.
Ein freundlicher Franzose, der auch mit seinem Boot am Hafen liegt, hat uns von dem guten Restaurant in Emborio erzaehlt. Damyanos, unser netter Fahrer von heute morgen, hatte uns auch angeboten, uns abzuholen und wieder zurückzubringen, wenn wir in seinem Dorf in Emborio essen wollten. Wir versuchen Damyanos anzurufen, um in seinem Dorf den Abend zu verbringen. Doch leider klappt das nicht und wir kehren in dem Restaurant gegenüber unseres Bootes ein. Die Wirtin ist eine emsige freundliche Frau und wir überlassen ihr die Wahl unseres Menüs. Wieder gibt es Rotwein aus Bechern und die Wirtin bringt uns gebackenen Kaese, Zazicki, Kohlbaellchen, gebackenes Gemüse etc. Es ist prima und preiswert. An den Nachbartischen sitzen Einheimische. Ein Fischer kommt vom Fischen zurück und setzt sich hinzu. Es wird fröhlich geplaudert, die kleine dicke Tochter der Wirtin tanzt, man lacht, man quatscht und man prostet sich zu. Das ganze ist sehr lebendig und völlig natürlich und vermutlich sieht hier jeder Tag so aus.

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