Freitag, 13. September 2013

Von Bodrum nach Fetihye

September 2013
Ich hatte in meinem Alltagstrott die Reisen mit unserem Boot  Phoenix schon fast vergessen, bis ich am 1. September  Urlaub  machen konnte. Langsam kehrte danach die Lust auf Sonne, Meer und Wind wieder zurück.
Der Blick von meinem Schreibtisch...
Der Alltagstrott bedeutet für mich eigentlich kein schlechtes Leben  auf einer Insel im Maramarameer, wo ich von meinem  Schreibtisch aus aufs Meer blicken kann und dort meistens meinen Unterricht vorbereite oder an einem Buch für Wirtschaftsdeutsch bastele. Dank Skype habe ich von diesem Schreibtisch aus auch gute Verbindungen zu allen meinen Freunden in Dutschland. Ich plane, in der Zukunft auch meinen Unterricht von dort aus online zu geben.
In den Tagen vor meiner Abreise ist unsere Freundin Lale zu uns gekommen. Sie wird sich waehrend unserer Abwesenheit um unseren Hund Argos kümmern. 
Mein dicker Baer wird mir fehlen...
Als mich beim Verlassen der Wohnung Lale und die Hunde verabschieden,  fühle ich, dass man mich sehr vermissen wird. Niemand wird sich so gut um meinen Hund kümmern wie Lale. Niemand ist so fürsorglich und zuverlaessig wie Lale.
Nach einer 12-stündigen Busfahrt komme ich in Bodrum an. Hasan strahlt. Ich auch, doch als ich die Unordnung sehe, die er aufdem Boot angerichtet hat, vergeht mir mein Lachen. Ohh Hasan!
Obwohl ich von der Busfahrt müde bin, muss ich gleich das Boot noch am selben Tag herrichten, denn es ist Sturm für die übernaechsten Tage angesagt, sodass wir am naechsten Tag lossegeln wollen. Nach stundenlangem Aufraeumen und Putzen mit Amway Superputz ist abends alles fertig. Ich bin totmüde. Ein köstliche Pizza laesst mich vorrübergehend wieder zum Leben erwachen, doch danach falle ich totmüde in die Koje. Ich habe in der Nacht weder die laute Musik am Jachthafen gehört, noch habe ich gewusst, wo ich schlafe.
Ich habe das Wohnen auf dem Boot und das Segeln so sehr vergessen, dass ich mich als Matrose völlig untauglich geworden bin und mich an Bord zunaechst sehr ungeschickt anstelle. Erst auf dem Meer erwacht die alte Vertrautheit: umgeben von traumhaftem Blau. Der Wind streichelt und schmeichelt regelrecht. In mir kommt das Gefühl auf, zu sagen “Hallo alter Freund Wind”. Doch als er uns am naechsten Tag in Form einens starken Sturms in Mein Gesicht peitscht, wird mir klar, wie ungeheuer dieser Freund vor allem auf dem Meer sein kann.
Wir kommen vorbei am uns bekannten Hafen Knidos und steuern die Bucht Palamutbükü an, die wir auch aus früheren Touren kennen. Hier verbringen wir 2 Naechte, um den Sturm abzuwarten. Wir haben Gelegenheit zu schwimmem und am Meer Fisch zu essen. Ich kaufe hier eingelegte Kapariblaetter, frische Mandeln in Honig, Oregano und Olivenölseife und habe viel Freude daran.




















Ein (der) alte(r) Mann und das  Meer…
… er erinnert mich daran, dass die Zeituhr immer tickt. In letzten Jahr haben wir viele liebe Bekannte verloren. U.a. auch unsere Freundin Hülya aus Bodrum, die wir im letzten Jahr noch hier getroffen haben  und die von ihrem nahen Tod wusste und trotzdem noch laechelnd das letzte Band des Lebens festhielt. An einem Morgen wache ich mit Traenen auf und spüre, dass Elisabeth (die nette Mutter meiner Freunde) wohl gestorben ist. Sie ist mir in der Nacht im Traum erschienen, hat mich angelaechelt und sich verabschiedet. Es ist wichtig daran zu denken, dass alle einmal gehen. So lange man die Chance zu guten Verbindungen hat, sollte man sie auch bewusst wahrnehmen.
Es geht weiter. Wir wollen auf der griechischen Insel Insel Symi tanken und dann dort in der Bucht Pedi vor Anker gehen. Eigentlich geht es mir nicht so gut, wahrscheinlich ist mir das Essen am vorabend nicht gut bekommen.  Doch wegen der Möglichkeit  in Pedi zu schwimmen  und weil die Tour ja auch nur etwa 2-3 Stunden dauert, stimme  ich zu und wir machen uns auf den Weg. Die Fahrt verlaeuft sehr ruhig. Da es wenig Wind gibt, müssen wir uns diese Mal mit dem Motor forwaerts bewegen. Doch plötzlich gibt der Motor merkwürdige ungesunde Geraeusche von sich. Wir müssen  ihn sofort ausmachen. Oh jeeh! Gut dass das Boot Segel hat, sonst waere diese Situation echt gefaehrlich. Wir öffnen die beiden Segel, doch es weht kein Wind. Alte türkische Frauen sagen oft, man soll in der Situation “Haydar…Haydar…” flüstern. Wir sitzen in dem sich nicht von der Stelle bewegenden Boot und fühlen uns wie im schlechten Film, in dem die Seeleute auf den Wind warten. Nach etwa 15 Minuten kommt er, der Freund Wind und füllt die Segel. Das Boot bewegt sich in Richtung Türkei. “Siehst du Hasan, Haydar…” “Nein, der Wetterbericht hatte für 16 Uhr Wind vorausgesagt”, unterbricht mich Hasan. Etwa mit 5 Meilen Geschwindigkeit bringt der Wind uns weiter. In türkischen Gwaessern ruft Hasan einen Freund an, den er aus der Segler-Webseite kennt. Er, Mehmet, schaltet  sofort und empfiehlt uns nach Söğüt zu segeln, wie auch Hasan geplant hatte. Der Wind zeigt sich dabei ganz auf unserer Seite und treibt uns netterweise von hinten genau in die gewünschte Bucht, wo Mehmet für uns Leute organisiert hat, die uns an eine Boje ziehen, da sich das Boot ohne Motor nicht steuern laesst. Wir wollen nur noch schlafen und bauen uns eine Bett draussen an Deck in frischer Nachtluft. Nach 12 Stunden Schlaf sieht die Welt wieder anders aus.  Mehmet schickt uns einen sehr netten Usta (einen Mechaniker), der sich ansieht, was am Boot zu machen ist. Der Usta laesst uns von einem Fischer in die benachbarte Bucht Bozburn ziehen, wo er reparieren werde. (Das Ganze hat noch mit der Reparatur von Vorjahr zu tun)
Ein korpulenter braungebrannter Fischer kommt. Er hat seine ganze Familie an Bord. Waehrend der Fahrt beobachte ich das vor uns fahrende Boot des Fischers und das Schauspiel, das mir geboten wird.
Sein kleiner blonder Sohn mampft ohne Ende vor sich hin. Der Fischer dreht sich immer wieder zu uns und ruft laut etwas zu:  Sein Grölen und das Abi... Abi...   wird halb vom Wind geschluckt. Ich bemühme mich, ihn zu verstehen, denn vielleicht will er ja etwas wichtiges mitteilen. Am Ende verstehe ich, dass er uns mitteilt, wie viele Köfte (Frikadellen) der kleine verputzt hat.
Geschickt manöverriert er uns in den Hafen und bequem können wir anlegen. Der Mechaniker kommt und kümmert sich um die Reperatur.
Wir weilen ein paar Tage in Bozburn...







Bozburn ist uns auch sehr bekannt unter den Seglern. Wir gehen am Abend spazieren und finden die Möglichkeit, ins Internet zu gehen.
Da erwartet mich eine interessante Mail von einem alten Freund und Kollegen. Er will mit dem Bus nach Istanbul reisen. Sicher nicht um Kosten zu sparen! Da scheint es noch einen Verrückten zu geben! Wo man doch mit Reiseagenturen sicher, versichert und bequem und ohne Risiko reisen kann, warum gibt es dann so Verrückte, die mit einen alten Boot (das dann auch noch kaputt geht) oder tagelang mit dem Bus reisen wollen? Ich denke über die Hintergründe nach und glaube, es ist der Wunsch, einfach strukturiertem Leben zu begegnen und eine Vielfallt von Alltagsbildern, Szenen und Kulissen beobachten zu können, denen man auf normalen Wegen nicht begegnen kann.
Inzwischen wirken auf mich die Supermarktregale immer erdrückender und ich freue ich mehr und mehr über jede sonnengereifte Tomate, über gesammetle Kreueter in Tüten,  Honig ohne "Geschmacksverfeiner". Auch das dauernde Kraehen der Haehne heute früh am Morgen hat mich gar nicht gestört. 
Ebenso  wirken einfache freundliche Leute sehr wohltuend auf mich. Suna eine nette Dame und ihre Töchter, die eine Pension betreiben, bieten uns ihre Gastfreundschaft an und wir verweilen in ihrer Laube dirket am Meer, waehrend der Usta das Boot repariert. 
Null Profitsinn bei den Damen, es ist pure Freundlichkeit. 
"Geht doch gleich hier ins Meer... Da könnt ihr was essen... Internet haben wir auch... Wollt ihr noch einen Tee?...
Suna Hanım bringt Suppe und selbst gebackenes Brot.
Suna Hanıms Brot...

Abendstimmung in Bozburn...





















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