Freitag, 10. August 2012

Kalymnos (Hafen - Telendos - Emborios)

“Mister, buy this fish… It is Viagra!” Auch Hochwürden schmunzelt.
Warum er wohl gleich einen groβen Hummer kauft?!? Der Fischer von Kalymnos lockt uns in seinen kleinen Fischladen. Tatsächlich hat er wunderbaren frisch gefangenen Fisch zur Auswahl. Der Fisch, von dem er Wunder für die Manneskraft verspricht, ist Walfischfleisch. Wir kaufen gleich 2 Kilo von groβen Fischen, die sich gut grillen lassen. Es ist Sonntag und wir lassen diese Fische abends von Nicki grillen und uns dazu von ihr grünen Salat zubereiten. Direkt am Meer und vor Phoenixs auf der einen Seite und Nickis Restaurant auf der anderen Seite essen wir, so wie fast an jedem Abend. In der Ferne liegen andere griechische Inseln. Direkt in der Nähe umringen uns grosse steinige Berge, auf denen hier und da Kreuze angebracht sind. Die Griechen sind sehr gläubig. Auf den kleinen Fischerbooten, die im Hafen liegen, ist auch immer ein Kreuz angebracht.
Dauernd hört man die Glocken läuten. Heute Morgen waren wir nach dem Duschen mal in der Kirche, um uns den Gottesdienst anzusehen. Es gab nur wenige Männer und vorwiegend Frauen dort. Zum Straβenbild gehört es, häufig auch orthodoxe Pfarrer zu sehen sind. Auch sie fahren Motorrad.
Ich schaue mir die Vielfalt der Motorräder an. Die gibt es hier wie Sand am Meer. Manche sehen aus wie aus einem Science-Fiction-Film. Manche sind alt zusammengebastelt oder zusammengeflickt. Und die Typen, die darauf sitzen, geben echt lustige Bilder ab: alte Mütterlein, die in ihren scharzen Trägerkleidchen per Motorrad zum Einkauf fahren… Herren, die an Bruce Willis erinnern und fesh daherknattern… gestylte Tussis, die aufgeputzt zum abendlichen Vergnügen sausen… Söhne, die ihre alte Mutter hinten aufgeladen haben und irgendwohin bringen… korpulente dralle Damen, deren Hinterteil links und rechts über den Motorradsitz quallt… von der Arbeit schwarz und schmutzig gewordene Handwerker… Und dann gibt es noch lustige Schauspiele, von dem, was man so alles mit diesen Zweirädern transportiert.
Die Leute sind wirklich extrem freundlich. Kaum zu glauben wie schnell sie entgegenkommend reagieren. Wir wollen in Kanistern Diesel besorgen und fragen nach einer Tankstelle. Der Handwerker, den wir fragen, antwortet: “Come on Taxi!” Er zeigt mit ein paar Handbewegungen, dass ich stehen bleiben soll, und Hasan auf sein Motorrad aufsteigen soll. Zack! Da rattern sie schon ab und der nette Mann bringt Hasan mit vollen Kanistern zurück. Ein Trinkgeld lehnt er ab.
Einer seiner Mitarbeiter reapriert uns dann später noch etwas in langer und perfekter Puzzlearbeit. Auch dafür wird ein Lohn abgelehnt. Ich lege das Geld aber einfach auf den Tisch. Die Leute hier sind relativ arm.
Eins war Kalymnos eine reiche Insel, denn sie belieferte die Welt mit Naturschwämmen und exportierte sie. Doch als dann die Konkurrenz mit australischen Schwämmen auf den Markt ging und die Produktion von künstlichen Schwämmen begann, verlor diese Insel ihre Geldquelle. Aus der gloreichen Zeit des Schwammtauchens gibt es noch  schöne alte Häuser, die eins mal Schmuckstücke waren, doch nun fast zerfallen sind.
Ich fragte mich, warum diese Nuturschwämme so schrecklich teuer sind. Den Grund erfuhr ich bei einer Führung auf einer Schwammausstellung.
Es ist sehr schwierig, Naturschwämme aus dem Meer zu holen sowie sie danach zu behandeln. Sie sind ausserdem lange, bis zu 10-20 Jahren haltbar. Ein Naturschwamm hat antiseptische Wirkung. Auch heute noch gibt es sie in Kalymnos überall zu sehen.
Viele der alten Schwammtaucher oder auch andere Handwerker von Kalymnos sind nach Kaliforien oder Australien ausgewandert. Wie und wo soll man sonst den Lebensunterhalt verdienen. Es gibt hier nur den Fischfang und den Tourismus, was allerdings nicht für alle Bewohner eine Einkommensquelle bedeutet. Von Touristen überlaufen ist diese Insel auch nicht. Keine Industrie, keine Arbeit, tote Hose! Was soll man da schon tun?
Morgens um jeweils 7 Uhr, dann noch einmal um 8 Uhr läutet die Glocke der Kirche Sturm, um alle zu wecken.
























Eine halbe Stunde später knattern einige Motorräder los. Langsam kriechen dann  alle aus den Häusern. Ein paar Fischerboote fahren los, andere Männer sitzen in Gruppen bei einander, meistens in schattigen Cafes. Die Frauen setzen sich in den kleinen Seitenstraβen vor das Haus und putzen Gemüse oder tratschen mit der Nachbarin. Ab einem bestimmten Alter legen die Frauen keinen Wert mehr auf das Outfit. Sie tragen schwarze Kleidung und geblümte oder gepunktete Baumwollkleider.
So sitzen die Leute Tag für Tag vor dem Haus oder in den Cafes und warten auf die Siesta. Erst ab 17 Uhr beginnt hier das Leben. Da geht man dann spazieren, isst  gemeinsam mit der ganzen Familie in einer der vielen Tavernen oder nimmt in einem Café kühle Drinks zu sich. Übrigens bin ich hier auch Fan von Eisskaffee geworden. Vor 17.00 Uhr hat man keine Garantie dafür, dass man nicht vor verschlossenen Türen steht. “mebi sliep” = “may be, that he is still sleeping” heisst es, als ich um 11 Uhr duschen will. Der Duschtüröffner schläft noch und bis 17 Uhr macht er dann Siesta. Mit dem Einhalten von der Terminen nimmt man es auch nicht so genau. Wenn ein ausgemachter Termin überhaupt eingehalten wird, dann meistens mit ein paar Stunden Verspätung.
Das gilt natürlich nicht für jeden. Fleiss und Geschäfstüchtigkeit sehen wir bei Niki sowie einigen Handwerkern und Restaurant- und Ladenbesitzern.
Montags gibt es bei Niki Bouzuki-Gitarre-Violine-Live-Musik. Ihre Taverne ist voll, es wird bis spät in die Nacht musiziert und Sirtaki getanzt.
Hasan kommt bei seiner guten Laune auf die Idee, gegrillten Tintenfisch zu bestellen, den er dann aber alleine essen muss.
Da wir im Hafen von Kalymnos einige Tage verweilen, sind uns bald viele Gesichter bekannt. Ab und zu kommen wir mit Bootnachbarn aus aller Welt in Kontakt: Israelis, Franzosen, Italiener… Unser frazösischer Bootsnachbar spielt im lauen Abendwind Gitarre: Bob Dylan! Ein lustiger Mann ist dieser Franzose, doch am Morgen, als wir auf dem Boot frühstücken, meint er “I always see you eating!” Dabei heben wir unseren Appetit immer für den Abend auf, um nicht zu viel zu essen.
Doch ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass bald einer sagt: “I always see you drinking wine”. Das stimmt allerdings. Der Wein ist so gut, dass kein Abend ohne griechischen Wein vergeht.
Die neue Kupplung hat Bayramis endlich einbauen können. Wir verabschieden uns von Kalymnos und unseren Freunden hier. Tatsächlich haben wir hier Freunde gewonnen: die nette Bäckerin Suola, Vassilli, den Banker, der mal ein eifriger Kommunist war, Niki und ihre Familie (ihr Mann heisst Niko), Agatha, die nette Frau aus dem Inetnetshop, die uns viele gute Tipps gegeben hat, Bayramis, der uns Phoenix wieder startklar gemacht hat und vor allem Birgitta und Lars.
Am Abend, nachdem wir fast Schiffsbrauch erlitten hatten, prostete mir Birgitta in einer Bar freundlich zu. Sie hatten uns beobachtet, als unser Boot abgetrieben worden war. Lars erzählt uns an dem Abend humorvoll von all seinen schönen und unschönen Erlebnissen als Segler. Wir fühlen uns getröstet und unser Kummer ist relativiert. So entwickelt sich in den nächsten Tagen eine nette Bekanntschaft, von der ich hoffe, dass daraus eine Freundschaft wird und dass wir uns in Istanbul wiedersehen werden. Lars ist schon weit gesegelt und wir bekommen von ihm gute Tipps. Als sich beim Einziehen unserer Ankerkette ein fremder Anker in unserer Ankerkette verfängt, springt Lars ohne zu zögern ins Wasser. Diese beiden Dänen sind uns echt sympathisch!
Wir segeln von Kalymnos bis vor Telendos, einer kleinen Nachbarinsel. Unterwegs ist hoher Wellengang und Gegenwind. Wir müssen es in Kauf nehmen. Erst gegen Mittag konnten wir lsoseglen, denn wir mussten noch auf Quittungen für die Versichung warten und aus “er kommt 10 Minuten” waren 2 Stunden geworden. Nach dieser Sturmflutsegelei sind wir froh in Telendos in Ruhe auf dem Boot zu sitzen und den Abend zu genieβen. Wir sehen vom Boot die Tavernen von Telendos und die Felsen von Kalymnos. Sie lassen erraten, dass es hier einst grosse Erdbeben gegeben haben muss. Einst soll ein starkes Erdbeeben Telendos von Kalymnos getrennt haben.
In unserer Nähe ankern weitere Boote, das eines Deutschen und ein weiteres mit türkischer Besatzung sowie weitere Fischerboote. Diese beruhigende abendliche Stimmung wird in der Nacht gestört: ein Sturm kommt auf.
Er ist so stark, dass zunächst der Deutsche abgetrieben wird und fast mit einem Fischerboot zusammenstösst, danach treiben die Türken ab und bekommen Panik, sodass sie sich noch im Morgengrauen aufmachen, um Schutz zu suchen. Da wir eine lange Ankerkette gelegt haben, haben wir Glück. Unser Anker haelt, obwohl der Sturm etwa eine Stärke von 6-7 erreicht hat. Da muss man Ankerwache halten, doch dass macht heutzutage auch schon alles der Computer. Hasan hat im Computer eine “ankerwatch” installiert, die bimmelt, wenn der Anker sich bewegt.
Wir warten hier in Telendos bis zum nächsten Tag, um in eine 3 Seemeilen entfernte Bucht zu kommen, die guten Schutz bietet und wo man durch das Anlegen an Bojen nicht abgetrieben werden kann. Emborios ist ein Fischerdorf am anderen Ende von Kalymnos. Der Sturm hält die nächsten Tage an. Hier werden wir sicher sein. Der Ort, den wir jeweils mit unserem Schlauchboot ansteuern, ist klein und niedlich.




An zwei Abenden gehen wir zu “Harrys Restaurant”. Es ist in einem traumhaften  Garten, die Besitzerin Evi ist eine gute Köchin.
Da steht sie inmitten ihrer Pflanzen und ruft lachend “it is very hot, my flowers will get a heardattace”. “Soll ich euch heute abend Hasenbraten servieren?”


Harrys Garten... 

Die Grillen zirpen laut, da es zuuu gut schmeckt, trinkt Hasan dieses Mal Ouzo. Die Rückfahrten mit dem Schlauchboot sind schwierig wegen des starken Sturms. Am ersten Abend in Emborios falle ich aus dem Schlauchboot. Hasan Sünde, mich “man bis du blöd” zu schimpfen wird bestraft, indem er am Abend darauf aus dem Schlauchboot fällt. Sturm plus Ouzo waren zu viel!
In dieser Bucht können wir wieder ausgiebig schwimmen, manchmal schlafen wir an Deck und lassen den Wind über uns hinwegwehen. Meer, Mond, das Rauschen der Wellen und die dämonischen Felsen um uns herum geben eigenartige aber wunderbare Gefühle.
Noch immer will Poseidon nicht verschwinden… es stürmt weiter. Am Donnerstag soll es besser werden, da wollen wir bei weniger Wind nach Levitha. Die Fischer sagen, dass der Wind in diesem Jahr besonders stark sein soll. Für diese Gegend ist der starke Wind “Meltem” typisch und man braucht viel Erfahrung auf dem Meer.
ungeschminkt....

und unrasiert... der Kaept'n

                             

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